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Swingen und Klingen

Dietmar Ebert über das Konzert (B2) der Jenaer Philharmonie am vergangenen Donnerstag, 20. Oktober 2016

Großartiges Alphornkonzert von Daniel Schnyder mit Arkadi Shilkloper und Bruckners 6. Sinfonie

... eine Art Visitenkarte des amerikanischen Dirigenten Brandon Keith Brown.

Der junge, hochbegabte Amerikaner Brandon Keith Brown dirigierte drei Werke, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Ouvertüre zu Rossinis Oper „Wilhelm Tell“ erklang in selten zu hörender Differenziertheit. Ein Extralob verdienen Henriette Lätsch und Alexander Wegelin (Cello-Soli), Andrea Abé (Englischhorn) und Manfred Baumgärtner (Fagott).

Der russische Hornist Arkady Shilkloper spielte den Solopart in Daniel Schnyders „Konzert für Alphorn und Orchester“, das er 2004 beim Menuhin Festival in Gstaad aus der Taufe gehoben hatte. Er zauberte Töne und Klänge auf dem Alphorn, die man diesem Instrument nie zugetraut hatte. Sie entstanden teils durch Zirkularatmung, d.h. die ausgeatmete Luft wird kurzzeitig wieder eingeatmet, durch Multiphonie, durch Summtöne und vor allem durch eine technisch versierte Lippenbewegung.
Daniel Schnyder ist dem Jenaer Publikum als Komponist und Saxophonist als einer der kreativsten Komponisten, der zwischen Klassik und Jazz pendelt, bestens bekannt. Sein Konzert für Alphorn und Orchester nimmt die Tradition des klassischen Konzertes vor allem in seiner Dreisätzigkeit auf. Zugleich ist es durch Jazz und Swing geprägt. Es fordert dem Solisten an Technik und Gestaltung alles ab, was das Alphorn heute leisten kann. Zu Beginn und nach einer höchst brillanten Kadenz, die Arkady Shilkloper geradezu atemberaubend gestaltete, waren Kuhglocken in verschiedenen Größen und Tonstimmungen zu hören. Fast wie beim Almabtrieb. Im Mittelsatz ist die Stimmung von Soloinstrument und Orchester lyrisch getönt. Eine friedliche, pastorale Stimmung breitet sich aus. Im Finalsatz beginnt es sogleich zu swingen. Aus dem Wechsel zwischen Scherzen und Klagen, zwischen Alphorn und Orchester, schließt das Konzert ohne Pathos. „Ein Amerikaner in der Schweiz?“ „Ein Schweizer in Amerika?“ Vielleicht auch Idylle in den Bergen und bewegtes Leben in den Metropolen. Stürmischer Beifall und Bravos für Arkady Shilkloper, der sich mit einer virtuosen Improvisation bedankte und in der Pause interessierten Zuhörern bereitwillig sein Instrument und dessen Technik erklärte.
In Schnyders Alphornkonzert ließ Brandon Keith Brown das Orchester herrlich swingen und klingen.

Anton Bruckner hat seine 6. Sinfonie 1881 fertiggestellt und nicht mehr überarbeitet. Zu seinen Lebzeiten hat er nur die beiden Mittelsätze gehört, Kopf- und Finalsatz kannte er nur von Durchspielproben her. Die Uraufführung fand posthum am 26. Februar 1899 unter Gustav Mahler in Wien statt, die von Robert Haas edierte Originalfassung wurde am 9. Oktober 1935 durch Paul van Kempen in Dresden uraufgeführt. Die nicht sehr häufig zu hörende 6. Sinfonie in A-Dur von Anton Bruckner erklang nun im zweiten Teil des Konzertes. Brandon Keith Brown beeindruckte durch energische, exakte Zeichengebung und fand durch ein impulsives und zugleich kontrolliertes Dirigat einen ganz eigenen Zugang zur Musik des Linzer Meisters.

Mächtig und musikalisch dicht spielten die Philharmoniker den Kopfsatz. Der „Bruckner-Rhythmus“, der den ganzen Kopfsatz beherrscht war ihnen vertraut, sehr markant gestalteten sie das Hauptthema, wie ein Gesang erklang das Doppel-Seitenthema und energisch das dritte Thema. Hier wie in den Folgesätzen waren Hörner, Trompeten, Posaunen, Tuba und Pauke ganz in ihrem Element. Weit ausschwingend und melodisch dirigierte Brown das Adagio, das das Herzstück der Sinfonie bildet, die Streicher entfalteten all ihren Glanz und die Holzbläser beeindruckten durch kleine Soli. Das Scherzo war von Leichtigkeit und Schwerelosigkeit getragen, Pizzicati wechseln mit Hörnerrufen. Unerwartet taucht das Hauptthema aus Bruckners 5. Sinfonie auf. Energisch dirigierte Brandon Keith Brown den spannungsgeladenen Finalsatz, dessen thematisches Material eng mit dem Kopfsatz verwandt ist und führte ihn zum ergreifenden Finale.

Für mich war das die beste Interpretation einer Bruckner-Sinfonie seit der Zeit, da Andrey Boreyko als Chefdirigent des Orchesters wirkte. Es war ganz erstaunlich, wie flexibel und sicher sich alle Musikerinnen und Musiker des Philharmonischen Orchesters auf drei völlig unterschiedlichen Musikstilen zugehörige Kompositionen einstellen konnten und wie sie dabei souverän von Brandon Keith Brown geführt wurden.

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