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Zum 100. Todestag von Botho Graef

Neuer Botho-Graef-Kunstpreis 2018 – Ehre für Eduard Rosenthal

Villa Rosenthal Jena ©JenaKultur, A. Hub

Botho Graef (geb. 12.10.1857 in Berlin, gest. 9.4.1917 in Königstein/ Taunus) lehrte als außerordentlicher Professor von 1904 bis 1917 klassische Archäologe und Kunst-geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.
Graef gehörte zu den großen geistigen Köpfen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Jenas Geistes- und Kulturleben hin zur Moderne prägten. Als Mentor und kritischer Berater des 1903 gegründeten Jenaer Kunstvereins spielte er als Kunstmäzen über die städtischen Grenzen Jenas hinaus eine bedeutende Rolle. Er war neuesten Entwicklungen der Kunst gegenüber äußerst aufgeschlossen. Als Mitglied der Baukommission für die neue Universität, als Wegbereiter für die Einrichtung des Archäologischen Museums sowie als Kunstsachverständiger im Ausschuss für das Ernst-Abbe-Denkmal stritt er beständig für ein modernes pulsierendes Kunstleben in Jena. Seinen Anregungen verdanken Universität und Stadt hochkarätige Kunstwerke von Ferdinand Hodler, Henry van de Velde und Auguste Rodin. Ihn verband eine tiefe Freundschaft mit jungen avantgardistischen Künstlern wie Ernst Ludwig Kirchner, deren Förderer er zugleich war. Mit seinen zahlreichen Veröffentlichungen, öffentlichen Vorträgen und Ausstellungs-besprechungen engagierte er sich immer wieder auch für damals noch umstrittene Künstler.

Am 9. April jährt sich sein 100. Todestag. Eine Ausstellung expressionistischer Künstler in den Städtischen Museen mit dem Arbeitstitel „Kirchner, Nolde, Heckel und andere Expressionisten. Zum 100. Todestag von Botho Graef“, die vom 1. September bis 19. November 2017 geplant ist, ehrt den Kunsthistoriker und Archäologen aus diesem Anlass.

In Würdigung seines außergewöhnlichen Wirkens rief die Stadt Jena 1992 den Botho-Graef-Kunstpreis für zeitgenössiche bildende Kunst ins Leben. Im Vordergrund stand die Förderung junger bildender Kunst. Die Stadt Jena würdigt mit seiner Vergabe einzelne künstlerische Leistungen sowohl in Deutschland lebender als auch internationaler Künstler und unterstützt mit den in diesem Zusammenhang stattfindenden Ausstellungen, Gesprächen und Aktionen die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer bildender Kunst.
Die Spezifik dieses Kunstpreises soll sowohl in der Förderung zeitgenössischer nationaler wie internationaler Kunst als auch in einem thematischen Bezug zur Stadt Jena liegen. Der Kunstpreis wurde zunächst alle zwei Jahre, seit 2001 im Dreijahresrhythmus zu wechselnden Themen ausgelobt. Er steht in der Regel unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters und wird mit 5000 EURO dotiert.
Der Preis wurde bisher neun Mal vergeben. 2018 findet die 10. Auslobung statt. Der neue Kunstpreis-Wettbewerb widmet sich einem ebenso außergewöhnlichen wie engagierten Zeitgenossen Graefs: Eduard Rosenthal.

Das verschwundene Bildnis – Ehre für Eduard Rosenthal

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena besitzt eine ihre über 450-jährige Tradition nachzeichnende Sammlung von Rektoren- und Gelehrtenbildnissen – ein Bestand, der mit seiner Geschlossenheit in Deutschland nahezu einzigartig ist. In dieser bedeuten-den Sammlung gibt es jedoch eine bemerkenswerte Leerstelle: Das Porträt des Rechtswissenschaftlers Eduard Rosenthal (1853–1926).
Der angesehene Hochschullehrer war zwei Mal Rektor der Universität. Darüber hinaus machte er sich auf sozialer, kultureller, politischer und wirtschaftlicher Ebene um die Stadt Jena und das Land Thüringen verdient. Als enger Freund Ernst Abbes unter-stützte er diesen bei der Gründung der Carl-Zeiss-Stiftung im Jahr 1889, mit großem Engagement begründete er den Lesehallenverein und die Jenaer Baugenossenschaft. Rosenthal war auch an der Gründung des Jenaer Kunstvereins beteiligt und stand diesem fünf Jahre vor. Auf politischer Ebene engagierte er sich als Abgeordneter im Thüringer Landtag und nicht zuletzt formulierte er die Landesverfassung des 1919 neu zusammengeschlossenen Freistaates.
1929 wurde Eduard Rosenthal posthum im Auftrag des damaligen Rektorats von dem renommierten Berliner Maler Raffael Schuster-Woldan porträtiert. Doch bereits 1934, bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurde sein Bildnis auf Anwei-sung des Landesministeriums abgehängt und in ein Depot gegeben. 1944 entschied der nunmehr als Rektor amtierende Rasseideologe Karl Astel, es dort zu belassen als Beleg dafür, dass „der Lehrkörper der Universität Jena sich jüdische Rektoren hat gefallen lassen“. Nach dem Krieg war das Porträt nicht mehr auffindbar.

Ein Zeichen gegen das Vergessen...
Rosenthals vielfältiges Engagement hinterließ Spuren – Spuren, die bis in die Gegenwart reichen, im Laufe der Geschichte jedoch nahezu unsichtbar geworden sind. An wenigen Stellen in Thüringen wird an die vielfältigen Verdienste Eduard Rosenthals erinnert. Sein verschollenes Rektorbildnis wurde zwar 2010 von der Künstlerin Gerlinde Böhnisch-Metzmacher rekonstruiert und befindet sich heute im Büro des Universitätspräsidenten. Doch das Geschehene lässt sich nicht rückgängig machen, es kann nur thematisiert und bearbeitet werden. Es gilt die Leerstelle sichtbar zu machen.
Die Stadt Jena und die Friedrich-Schiller-Universität Jena möchten nun ein erinnerungs-kulturelles Zeichen gegen das Vergessen setzen. Im Rahmen des Botho-Graef-Preises 2018 soll ein Kunstwerk in Auftrag gegeben werden, das Eduard Rosenthal würdigt und zugleich sein verschwundenes Bildnis als Leerstelle markiert. Erwünscht ist eine künstlerische Arbeit auf der Höhe zeitgenössischer Kunst und Erinnerungskultur, die die Ausgrenzung von Rosenthals Porträt stellvertretend für die von den Nationalsozialisten betriebene Auslöschung jüdischer Persönlichkeiten aus dem kulturellen Gedächtnis thematisiert.

... verbunden mit einer Würdigung der Thüringer Landesverfassung
Dieses Kunstwerk soll anlässlich des 100. Jahrestags der Gründung des Landes Thüringen in Erinnerung an Rosenthals Abfassung der Thüringischen Landesverfassung verwirklicht werden. Es hat drei eng verknüpfte Funktionen:
1. Ehrung Eduard Rosenthals und seines Wirkens für die Friedrich-Schiller-Universität, die Stadt Jena und das Land Thüringen,
2. Thematisierung der antisemitischen und antidemokratischen Ausgrenzung seines Porträts stellvertretend für die Ausgrenzung und Ermordung der Juden im Nationalsozialismus,
3. Würdigung der Thüringer Landesverfassung als Produkt engagierten demokratischen Bürgersinns.
Das Kunstwerk soll von einem Kuratorium, bestehend aus kulturell und erinnerungspolitisch engagierten BürgerInnen öffentlich unterstützt und von Stadt Jena, Friedrich-Schiller-Universität und Land Thüringen mit Unterstützung weiterer Geldgeber finanziert werden. Geplant ist ein geschlossener Wettbewerb mit bis zu sieben KünstlerInnen, die im Feld der Erinnerungskultur ausgewiesen sind und über Erfahrung mit Gestaltungen im öffentlichen Raum verfügen. Über den zu realisierenden Entwurf entscheidet eine Fachjury. Alle Entwürfe werden in einer Ausstellung präsentiert.

Eine zeitgenössische Lösung, dezentral und multiperspektivisch
Das Kunstwerk soll kein Denkmal im traditionellen Sinne sein – keine Statue, die von einem Sockel herab von den Betrachtenden Verehrung einfordert. Der Anspruch ist vielmehr eine zeitgenössische Lösung zu finden, die Geschichte in ihrer Komplexität und Unabgeschlossenheit erfahrbar macht und Pluralismus und Multiperspektivität ermöglicht. Hierfür sind die verschiedensten künstlerischen Gattungen, Medien und Verfahren denkbar, die in großer Breite in den Wettbewerb einbezogen werden sollen.
Das Kunstwerk soll an den wichtigsten Wirkungsorten Eduard Rosenthals in Jena (Uni-Hauptgebäude, Volkshaus, Villa Rosenthal) und Weimar (Fürstenhaus) sowie am Thüringer Landtag in Erfurt dauerhaft präsentiert werden. Erwünscht ist also ein dezentrales Denkmal, bestehend aus mehreren selbstständigen, netzwerkartig miteinander verbunden Elementen, die in ihrem Zusammenwirken die Summe des Engagements Rosenthals repräsentieren und zugleich über seine Person hinausweisend ein Plädoyer für Demokratie darstellen.
Begleitet werden soll das Werk durch eine intensive und nachhaltige Vermittlung. Hierfür sollen eine handliche Publikation sowie Handreichungen für StadtführerInnen erarbeitet werden.

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