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Bei einer Pressekonferenz stellte Oberbürgermeister Thomas Nitzsche das Jenaer Projektteam für die Bewerbung um das "Zukunftszentrum Europäische Transformation und Deutsche Einheit" vor. Dabei machte er deutlich: "Die Stadt Jena hat im Standortwettbewerb um das Zukunftszentrum beste Voraussetzungen – sowohl im Vergleich mit Städten anderer Bundesländer als auch im thüringenweiten Vergleich. Das Land Thüringen sollte sich möglichst schnell hinter die aussichtsreichste Bewerberstadt stellen, um die Jury überzeugen zu können das Zukunftszentrum nach Thüringen zu holen."
Thomas Nitzsche verwies dabei auf zentrale Standortvorteile Jenas, mit der die Stadt bei der Bewerbung um das Zukunftszentrum punkten kann. "Wir können als Stadt eine durchgängige Geschichte und Erzählung gelingender Transformation anbieten: Wir haben gesehen, wie sich die Stadt das erste Mal groß transformiert hat, als sie sich im 16. Jahrhundert gründete. Wir waren um 1800 das geistige Zentrum Europas mit den Romantikern, mit Hegel, Schiller und Goethe. Im 19. Jahrhundert haben dann Ernst Abbe, Carl Zeiss und Otto Schott Industriegeschichte in Jena geschrieben und den Grundstein gelegt für die Dinge, die heute noch in Jena wirken: die enge Verknüpfung zwischen Stadt, Wirtschaft und Wissenschaft und eine starke Zivilgesellschaft, die aus zentralen Umbrüchen einen Aufbruch in eine erfolgreiche Nachwendeentwicklung ermöglicht hat."
Das Miteinander von Stadt und Umland, das mittlerweile auch in kommunalen Arbeitsgemeinschaften verankert ist, die führende Rolle Jenas bei Bürgerbeteiligungsprojekten, die aktive Aufarbeitung von Transformationsfolgen – etwa am Beispiel des NSU-Komplex und dem deutschlandweit wirkenden Projekt "Kein Schlussstrich" – und nicht zuletzt die zahlreichen internationalen Netzwerke und Kooperationen in Wirtschaft und Wissenschaft sprechen für einen Jenaer Standort für das Zukunftszentrum. Den jährlich erwarteten bis zu eine Millionen Besuchenden kann die Stadt einen vielfältigen Aufenthalt bieten. Wissenschaft (Deutsches Optisches Museum, ZEISS-Planetarium Jena), Kultur (Theaterhaus Jena, Museen, Jenaer Philharmonie) und Natur (Saaleradweg, Wassersport, Wanderungen) sind auf einem sehr hohen Niveau in Jena vereint. Nicht zuletzt verfügt Jena zudem über ein attraktives Baufeld im Herzen der Stadt – den Eichplatz –, der das künftige Zukunftszentrum beherbergen könnte. Die bisher bekannten 13 Ausschreibungskriterien an die Bewerbung um ein Zukunftszentrum kann Jena alle erfüllen. Ein Kriterium – eine Universität mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung – ist dabei von zentraler Bedeutung.
Die Stadt Jena bewirbt sich deshalb gemeinsam mit der leistungsstarken und exzellenten Universität Jena um das Zukunftszentrum. Katja Bär, Leiterin der Hochschulkommunikation der Universität Jena und Mitglied im Bewerbungsteam, sagt: "Die Friedrich-Schiller-Universität Jena ist nicht nur regional, sondern bundes- und europaweit eines der führenden Zentren der Transformationsforschung. Unsere herausragende Expertise in den Sozial- und Geisteswissenschaften fußt nicht zuletzt auf einem umfassenden internationalen Netzwerk, insbesondere in die Länder des östlichen Europas. Gleichzeitig prägt die Universität mit ihren internationalen Studierenden, Beschäftigten und Gästen maßgeblich den Charakter Jenas als weltoffene, vielfältige und zukunftsorientierte Stadt. Die wissenschaftliche Expertise, die internationalen Netzwerke und die enge Verbindung mit der Stadt zeichnen Jena als geeignetsten Standort für das Zukunftszentrum aus."
Jena geht mit einem interdisziplinär aufgestellten Projektteam in die Bewerbungsphase. Die Fäden laufen dabei bei Christine Schickert zusammen. Sie ist wissenschaftliche Geschäftsführerin des Sonderforschungsbereichs Strukturwandel des Eigentums an der Universität Jena, und leitet gemeinsam mit Martin Fischer vom Zentralen Projektmanagement der Stadt Jena das Projekt. Das inhaltliche Bewerbungskonzept wird in vier Arbeitsgruppen (AG) erstellt. Ein hochkarätig besetzter Beirat gibt zudem wichtige Impulse und Beratungen für das Jenaer Bewerberkonzept. Zum Beirat gehören unter anderem Prof. von Puttkammer, Lehrstuhlinhaber für Osteuropäische Geschichte und Co-Direktor des Imre Kertész Kolleg, Wolfgang Tiefensee, Thüringer Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Dr. Ute Lorenz, Präsidentin der Klassik-Stiftung Weimar oder Prof. Lessenich, Direktor des Instituts für Sozialforschung an der Goethe Universität Frankfurt.
Die AG Wissenschaft beleuchtet mit renommierten Vertreterinnen und Vertretern der Universität Jena, was der Begriff Transformation bedeutet und wie er von anderen Konzepten und Theorien abzugrenzen ist. Wie Gesellschaften, Erfahrungen und Deutungen zu Transformation ineinandergreifen, wurde kürzlich in einem Symposium mit Wissenschaftlern diskutiert.
Axel Salheiser, Leiter des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft und Mitglied in der AG Wissenschaft, sagt: "Nicht nur in Ostdeutschland prägen die Transformationsprozesse nach 1989 bis heute die politische Kultur, die Wirtschafts- und Sozialstruktur, die demographische Entwicklung, die soziale Lage und den Alltag der Menschen. Der tiefgreifende gesellschaftliche Wandel hat sich in die Erfahrungen der Menschen eingeschrieben, er wird ganz unterschiedlich reflektiert und gedeutet. Wir stehen erst am Anfang, genau zu verstehen, welche langfristigen Folgen sich daraus ergeben, welche Probleme und Widersprüche auftreten und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Ländern dabei bestehen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen verbindet sich damit auch die Frage nach der Zukunft von Frieden und Demokratie in Europa. Im ZET soll also auch erforscht werden, auf welchen Pfaden sich unsere Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten weiterentwickelt."
Die AG Galerie der Transformation und Einheit repräsentiert die Säule der Kultur, auf der das "Zentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit" aufbauen soll. Dr. Christian Faludi, der die AG leitet und zugleich Projektleiter der Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie-Geschichte ist, umreißt die Aufgaben der AG: "Das Zukunftszentrum wird Jena und sein Umland verändern. Jedoch soll die Stadt mit diesem kein weiteres Museum klassischen Stils erhalten. Dieses Signal haben uns die Bürgerinnen und Bürger deutlich vermittelt. Nicht zuletzt auch deshalb ist es unser Ansporn, einen von Innovationen geprägten Ort zu schaffen, der selbst stets wandelbar bleibt und sich immerfort verändern kann. Im Ergebnis wird ein inklusiver Raum entstehen, der es Menschen aus allen Ländern ermöglicht, sich einzulassen und dabei eine eigene Transformation zu erfahren. Jena bietet für ein solches Vorhaben die besten Voraussetzungen aller Bewerberstädte."
Ein wesentliches Merkmal des Zukunftszentrums ist, dass es als Ort der Begegnung und des Dialoges zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, Politik und weiteren Akteuren einladen soll. In der AG Dialog und Begegnung werden hierfür Formate und Ideen entwickelt. Auch die Bewerbungsphase selbst findet mit Bürgerbeteiligung statt.
Tobias Schwessinger vom Servicezentrum Forschung und Transfer an der Universität Jena, der mit Tilo Schieck vom Thüringer Archiv für Zeitgeschichte in der AG tätig ist, sagt zur Arbeit: "Das Zukunftszentrum wird ein offener Raum für die Bürgerinnen und Bürger in Jena, Deutschland und ganz Europa. Ein Ort, an dem über die vergangenen und uns bevorstehenden Transformationen gemeinsam diskutiert werden kann. Ein Ort, der durch die Menschen und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zum Leben erweckt wird. Jena bietet dafür mit seiner aktiven Zivilgesellschaft die idealen Voraussetzungen. Die Bewerbung Jenas ist keine Bewerbung der Stadtverwaltung, sie ist eine Bewerbung der Menschen, die hier leben und die davon überzeugt sind, dass das Zukunftszentrum von Jena am meisten profitieren würde."
Das Zukunftszentrum für Europäische Transformation und Deutsche Einheit wird ein Ort, an dem sich Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur gemeinsam den Übergängen und Brüchen vor und insbesondere nach den Jahren 1989/1991 in Deutschland und den Ländern des östlichen Europas widmen. In der Verbindung eines lebendigen und einladenden Ausstellungs- und Kulturraumes, einem wissenschaftlichen Institut – mit Graduiertenkolleg und Fellowship-Programm – und einem offenen Dialog- und Begegnungszentrum, wird ein geschützter Ort geboten, an dem Erfahrungen des Umbruchs und Wandels miteinander geteilt, aus fachlicher Perspektive erforscht und innovativ vermittelt werden. Das Zentrum soll nach einer offenen Ausschreibung in einer ostdeutschen Stadt gebaut werden, wobei der Bund umfassende Mittel für den Bau (200 Millionen Euro) und für den laufenden Betrieb (ca. 45 Millionen Euro jährlich) zur Verfügung stellt. Etwa 200 Mitarbeitende sollen im künftigen Zukunftszentrum beschäftigt sein.
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