Die Stadt Jena verfügt seit fast 165 Jahren über die besondere Tradition einheitlich gestalteter weißer Emailletafeln an Jenaer Häusern. 1858 wurden auf Initiative von Hermann Schaeffer (Physiker, Astronom und Mathematiker, geb. 1824 in Weimar, gest. 1900 in Jena) die ersten Gedenktafeln aus weiß getünchtem Zinkblech zu Ehren bedeutender Persönlichkeiten an Jenas Häuserfassaden angebracht.
Die kleinen Tafeln an den Wohnhäusern bzw. Wirkstätten der Personen sollten die Erinnerung an die zu Ehrenden lebendig halten. Die Tafeln gehören zu den stadtgeschichtlichen Details, die über politische und kulturelle Richtungen hinweg als äußere Zeichen des öffentlichen Umgangs mit Geschichte zu verstehen sind. Die Tradition in Jena ist einzigartig. Nur in Göttingen findet sich eine ähnliche, nach dem Jenaer Vorbild 16 Jahre später eingeführte Form.
Das von Carl Zeiß und Ernst Abbe gegründete Unternehmen der Zeiss-Werke hat zweifelsohne für Jenas wirtschaftliche wie geistig-kulturelle Entwicklung eine ganz besondere Bedeutung. Diese prägende Bedeutung ist ohne das Wirken hervorragender Wissenschaftler, Erfinder und Ingenieure nicht möglich gewesen. Die Erinnerung an diese schien längere Zeit im öffentlichen Stadtbild unterrepräsentiert gewesen zu sein. Wenige Gedenktafeln erinnerten an verdienstvolle „Zeissianer“, u.a. für Ernst Abbe, Carl Zeiß, Siegfried Czapski, Otto Eppenstein, Ernst Wandersleb und Hugo Schrade. Weit mehr Zeiss-Persönlichkeiten, die weltweit anerkannte Höchstleistungen auf wissenschaftlichem Gebiet erbracht haben, wären hier zu berücksichtigen.
Der Verein Technikgeschichte in Jena e.V. hat deshalb in den letzten Jahren zunächst unter Federführung von Prof. Dr. Manfred Steinbach eine Liste von ca. 80 namhaften Persönlichkeiten zusammen gestellt, die post mortem in der Tradition der Jenaer Gedenktafeln geehrt werden sollen. Nach dessen Tod im Jahre 2017 übernahm Günter Herzog als Projektverantwortlicher und ehemaliger Kollege von Prof. Steinbach die Weiterführung des Projektes in Zusammenarbeit mit dem Vereinsvorsitzenden Dr. Peter Hahmann.
2017 erfolgte die offizielle Zustimmung dieser besonderen Ehrung für 40 ausgewählte „Zeissianer“ durch den Kulturausschuss der Stadt Jena. Die Klärung eines geeigneten Standortes für die ersten ausgewählten Tafeln hatte jedoch noch zwei weitere Jahre gedauert. War zunächst als Anbringungsort die Fassade des ehemaligen Zeiss-Hauptwerkes (Bau 29, jetzt Goethe-Galerie/ Kaufhaus Sinn) in der Goethestraße 3 – einem Bau des renommierten Düsseldorfer Architekten Emil Fahrenkamp – favorisiert, konnte letztendlich der Bau 15, Deutschlands ältestes Hochhaus im Herzen des ehemaligen Hauptwerkes des Unternehmens Carl Zeiss am Ernst-Abbe-Platz, als quasi authentischer Ort dafür gefunden werden. Durch die Vermittlung Günter Herzogs erteilte der Eigentümer bzw. die Objektverwaltung des Gebäudes – HGE Real Estate GmbH, „Das Erste Hochhaus Deutschlands GmbH“ – im Jahre 2019 sein Einverständnis.
Im Dezember 2020, kurz vor dem „Weihnachts-Lockdown“, wurden mit Unterstützung der Unteren Denkmaschutzbehörde Jena die ersten 17 Tafeln besonders verdienstvoller „Zeissianer“, darunter Siegfried Czapski, August Löber, Rudolf Straubel, Walter Bauersfeld, Hans Boegehold und Max Pauly durch JenaKultur angebracht. Die Tafeln sind entsprechend den Funktionen der geehrten Persönlichkeiten nach Geschäftsleitung, Mikroskopie, Fotografie, Astro, Brille, Photometrie und Mess angeordnet, um auch eine gewisse Firmenentwicklung über die ersten Jahrzehnte abzubilden. Die öffentliche Einweihung musste auf Grund der Corona-Einschränkungen bis heute verschoben werden.
Am Sonntag, den 11. September 2022 – eingebettet in den bundesweiten Tag des offenen Denkmals – wurden die Gedenktafeln nun in einem feierlichen Rahmen eingeweiht und somit schlussendlich der Öffentlichkeit übergeben. Damit soll das Projekt aber nicht abgeschlossen sein. Weitere Tafeln für verdienstvolle ehemalige Mitarbeiter der Firma Carl Zeiss sollen in den nächsten Jahren im Jenaer Stadtbild sukzessive realisiert werden.